Ägydiuskirche

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Pötzleinsdorfs spätbarockes Baujuwel

Die Barockkirche St. Ägydius (Pötzleinsdorfer Straße 108), die mehrmals renoviert wurde, ist ein spätbarockes Baujuwel. Wenn man von der Pötzleinsdorfer Straße kommt, fällt zuerst der quadratische, in die Fassade einbezogene Turm auf.

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Das Spitzdach krönen ein Knauf und ein Doppelkreuz. Die Kirchenglocken wurden in beiden Weltkriegen für Rüstungszwecke eingezogen. Heute hat die Kirche vier Glocken mit wohlklingendem Geläute.

In den seitlichen Rundbogennischen der Eingangsfassade stehen die Statuen des Hl. Josef und des Hl. Franz v. Assisi.

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Das Innere der Kirche ist ein einschiffiger, rechteckiger Raum mit abgerundeten Ecken, in deren Nischen Statuen des Hl. Wolfgang, des Hl. Leonhard und des Hl. Markus stehen. An der vierten Ecke befindet sich die 1835 errichtete Kanzel aus Eschenholz.

Hl Wolfgang Hl Leonhard Heilige1

Optischer Mittelpunkt der Kirche ist der Hauptaltar mit dem Hochaltarbild von Johann Nepomuk Steiner (Kreuzigung Christi), dem großen Tabernakel, anbetenden Engeln und einem ikonenartigen Marienbild mit einem goldenen Strahlenkranz Die anderen Bilder stellen dar: die Heilige Familie und die Anbetung des Altarssakraments (Fronleichnam), weiters den Kirchenpatron St. Ägydius als junger Eremit (ebenfalls von Johann Nepomuk Steiner), den Hl. Antonius von Padua mit dem Kinde und den Hl. Georg im Kampf mit dem Drachen.

Über dem Eingang der Kirche befindet sich die Orgelempore. Die siebenregistrige Orgel, die aus dem Jahr 1816 stammt, wurde mehrfach umgebaut und dem Zeitgeschmack angepaßt. 1993 wurden Traktur und Klaviatur nach altem Vorbild erneuert. Heute erklingt die Orgel in ihrer ursprünglichen Klangschönheit, wenngleich Pfeifenwerk und Gehäuse noch einer Restaurierung bedürfen. Sehr beliebt sind die Orgelkonzerte, die gelegentlich hier stattfinden.

Der Innenraum der Kirche wurde im Sommer 2002 renoviert und erstrahlt jetzt wieder in neuem Glanz.

Am Platz vor der Kirche, von alters her eine Kastanienallee, finden wir an der nordseitigen Mauer zwei Grabsteine aus der Barockzeit. Einer stellt ein Arme-Seelen-Relief mit Gott Vater über den Wolken dar, der andere zeigt das Erwachen der Toten beim Jüngsten Gericht. Aus einem Maskeron in einer Wandnische fließt Wasser. Der Pötzleinsdorfer Quelle wurde einst heilkräftige Wirkung nachgesagt.

Wegen ihrer intimen Atmosphäre ist die Ägydiuskirche heute besonders für Trauungen sehr beliebt.

Am Palmsonntag werden vor der Kirche die Palmzweige geweiht, bevor sich die Prozession Richtung Christkönigskirche in Bewegung setzt. Auch der Ägydikirtag im September weist auf das Fest des Kirchenpatrons dieser Filialkirche hin.

Ein ausführlicher Kirchenführer liegt in der Pfarre auf.

Das Hochaltarbild: Die Kreuzigung Christi

Die Darstellung folgt der Schilderung im Johannes-Evangelium: unter dem Kreuz trauern die Frauen und Johannes – auf der gegenüberliegenden Seite hebt der Soldat zu Pferd seine Lanze, um sie in die Seite Christi zu stoßen.

In den anderen Evangelien wird die Gruppe der Frauen und Freunde Christi als in einiger Entfernung stehend geschildert. Dem Bericht des Johannes entspricht auch die Inschrift auf dem Kreuz in drei Sprachen, in Hebräisch, Griechisch und Latein.

Wie von überirdischem Licht beleuchtet hebt sich der Körper Christi auf dem hochragenden Kreuz vor der Finsternis des Himmels ab – er ist das dominante Zentrum des Bildes. Die Anordnung aller Figuren folgt wie selbstverständlich einem streng geometrischen Bildaufbau in Form eines nach oben spitz zulaufenden Dreiecks, das durch die Richtung der Lanze augenfällig wird.

Hochaltarbild

Die verhaltene Bewegung der Figuren entspricht der Strenge der Komposition. Es ist eine stille Szene. Maria, in Ohnmacht stehend, wird von ihrer Schwester und von Maria Kleophas gestützt, auch Maria Magdalena ist nicht mit erhobenen Armen in antiker Trauergeste gezeigt, sondern als still Mitleidende. Johannes blickt fast schüchtern zum Kreuz empor. Selbst das Pferd des Longinus (dieser Name wird dem im Evangelium erwähnten Soldaten erst später zuteil) scheint nachdenklich innezuhalten. Nur der Mantel des Longinus und als kompositionelles Gegenstück auch der Umhang des Johannes sind bewegt. Durch seine große Ruhe, auch in der Farbpalette, lädt das Bild eher zur stillen Andacht ein als zu bewegtem Mitempfinden.

Johann Nepomuk Steiner wurde 1725 in Iglau in Mähren geboren, wo er auch 1793 verstarb. Einer seiner Lehrer war A.R.Mengs in Rom. Als k.k.Kammermaler schuf er u.a. prominente Porträts, von Maria Theresia, Josef II., Feldmarschall Laudon, Staatskanzler Kaunitz. In der Pötzleinsdorfer Kirche wird ihm noch das Bild des Hl. Antonius von Padua zugeschrieben, weiters in der Minoritenkirche das große Pest-Gemälde. Im Stift Geras malte J.N.Steiner eine Serie von monumentalen Ölgemälden.

Monika Rosenauer

Die Anbetung des Altarssakraments – Juliana von Lüttich und das Fronleichnamsfest

Das rechte kleine Altarbild der Ägydiuskirche zeigt eine Ordensfrau, die mit zum Gebet ausgebreiteten Armen ihren Blick emporhebt. Wie in Verzückung schaut sie eine Monstranz – und mit einem Ausdruck von Verehrung und Demut betet sie das Allerheiligste an:

Anno Domini 1209 hatte eine junge Nonne namens Juliana – zwei Jahre nach ihrem Eintritt in Mont-Cornillon, einem Leprosehospital bei Lüttich – eine Vision: Sie sah eine Mondscheibe, die am Rande einen dunklen Fleck aufwies. Ihr wurde diese Vision dahingehend gedeutet, daß der Kirche ein Fest fehle, das die Gabe der Eucharistie feiert.

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Ein Jahr zuvor war der Zisterziensermönch Peter von Castelnau ermordet worden. Er war von Papst Innozenz III. als Legat gegen Ketzer in Südfrankreich entsandt worden: gegen die Katharer und Albigenser, die ein dualistisches Gottes- und Menschenbild predigten, das mit dem Evangelium schlichtweg nicht in Einklang zu bringen war. Auch im Bereich der Sakramente war bald eine radikale Gegnerschaft von Seiten dieser Sekten offenkundig geworden, sodass es zum Bruch mit der Kirche gekommen war.

Um der Katharerbewegung Herr zu werden, entwickelte die Kirche die für das Mittelalter typischen Gegenmittel: Durch geistige Anstrengung kirchlicher Kreise (Dominikaner und Franziskaner) wurden in Theologie und Sakramentenlehre schärfere Grenzen gezogen, die bischöfliche Ketzerinquisition (inquirere = erforschen) wurde eingeführt, wobei es der weltlichen Obrigkeit überlassen blieb, das Strafausmaß festzusetzen.

Die Vision der Juliana aber war gewissermaßen das kirchliche Gegenmittel auf liturgischer Ebene, das zu einem reicheren Frömmigkeitsleben führte: den Sakramenten, die von den Ketzern so schmählich geleugnet wurden, wurde wieder die ihnen zukommende Verehrung zuteil. Bischof Robert von Lüttich ordnete nämlich 1246 ein Fest zur Ehrung des eucharistischen Sakraments für seine Diözese an. 1264 schrieb dann der zum Papst gewählte Lütticher Archidiakon Jacques Pantaleon (Urban IV) mit der Bulle “Transiturus de hoc mundo” dieses Fest für die ganze lateinische Kirche vor.

Ursprünglich gehörte keine Prozession zu diesem Fest. Sehr bald aber kam der Brauch auf, das “höchste” Gut vor der Fronleichnamsmesse umzutragen – zunächst in der Pyxis, bald aber in der Monstranz, was dem Schauverlangen der Gläubigen entgegenkam. Die Liturgiereform des II.Vatikanums nennt im Festtitel das Sakrament in seiner Vollgestalt: Hochfest des Leibes und Blutes Christi (Messbuch 1975).

Wolfgang Nikolaus Rappert

Die Heilige Familie

Das linke kleine Barockbild auf dem Altar der Ägydiuskirche in Pötzleinsdorf, Gegenstück zu der Darstellung der Verehrung des heiligsten Altarsakraments, zeigt die heilige Familie in einer Art und Weise, die den göttlichen Ursprung des Erlösers besonders hervorhebt.

Im unteren Teil des Bildes sitzen im Vordergrund Maria mit dem Jesuskind und die hl.Anna, letztere ein aufgeschlagenes Buch auf den Knien haltend und mit sprechenden Gebärden sich ihrer Tochter und dem Enkelkind zuwendend. Rechts hinter dieser “Annaselbdritt – Gruppe”, der leiblichen Verwandtschaft Jesu, erblickt man deutlich kleiner den hl.Josef mit einer weißen Lilie, Symbol der Keuschheit des Nährvaters Christi. Der noch jung erscheinende Beschützer der heiligen Familie wendet wie im Gehen sein Haupt den Frauen und dem Kind zu, während seine Linke vor einem Landschaftshintergrund in die Ferne deutet, vielleicht als Hinweis auf die bevorstehende Flucht nach Ägypten.

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Im oberen Drittel des Gemäldes erscheinen Gottvater und die Taube des Heiligen Geistes im hellen Licht, das die von Engeln bevölkerten Wolken durchbricht. Blick und Gebärde Gottvaters mit geöffneten Armen sowie die Bewegung der Taube sind auf das schräg in den Armen Mariens liegende nackte Knäblein gerichtet, so daß durch die barocke Kompositionsweise die Zusammengehörigkeit der drei göttlichen Personen deutlich wird. Ein von links ins Bild geneigter Baum bildet das Gegengewicht zur Figur des hl.Josef und mag ein Symbol für den Stammbaum Christi sein, der von den Evangelisten Matthäus und Lukas mit gewissen Unterschieden überliefert ist und die Abstammung Josefs aus dem Haus David bezeugt.

Von der hl.Anna hingegen erzählt nur das apokryphe Jakobus-Evangelium, später auch die mittelalterliche Legendensammlung des Jacobus de Voragine, die “Legenda aurea”. Der im Spätmittelalter aufkommende Annenkult, auf den das Bildthema der Annaselbdritt zurückgeht, steht in engem Zusammenhang mit dem Glauben an die Immaculata Conceptio, die unbefleckte Empfängnis Mariens. In der Barockzeit wurde die Darstellung “Anna, Maria das Lesen lehrend” beliebt, worauf unser Bild in Pötzleinsdorf durch die Heilige Schrift auf den Knien Annas ebenfalls eine Anspielung enthält.

Abschließend ist zu betonen, daß das künstlerisch ansprechende kleine Bild aus der Mitte des 18.Jahrhunderts inhaltlich sehr reich und vielschichtig ist.

Marlene Strausz-Zykan

Grabplatte aus dem 15. Jahrhundert

Anlässlich der Restaurierung der Kirche wurde im Boden unter dem Pflaster diese Grabplatte gefunden. Die Inschrift ist nicht vollständig, vor allem fehlt rechts ein Teil der in Gotischer Minuskel ausgeführten Inschrift.

Wir erfahren daher nur, dass ein Thomas, Achter – also ein Mitglied des achtköpfigen Chorpriesterkollegiums zu St. Stephan – am Montag nach dem Veitstag (dem 15. Juni) im 15. Jahrhundert gestorben ist.

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Orgel

Wie viele andere Orgeln weist die Orgel der Ägydiuskirche eine bewegte Vergangenheit auf.

Über die Entstehung der Orgel erzählt eine Inschrift im Gehäuse, dass „Anno 1816 der Hochedelgeborene gnädige Herr Johann Heinrich Ritter von Geymüller, Herr der Herrschaft Pötzleinsdorf und Kirchenpatron dieses würdigen Gotteshauses unter dem hochwürdigen Pfarrer Anton May und dem damaligen Schullehrer Franz Elting durch den bürgerlichen Orgelbauer Friedrich Deutschmann die Orgel erbauen hat lassen. Das erste Amt ist am 22. September dieses Jahres von Herrn Leonhard Spetzer, Schullehrer in Dornbach, Gespielt worden.“

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 Interessant ist die Gehäuseform: Ein  in die Brüstung eingebautes, hinterspieliges Werk mit einem sehr hohen Untergehäuse, in dem der Balg eingebaut ist. Noch heute ist die- allerdings nicht originale-  Tretvorrichtung erhalten und funktionsfähig. Im Jahr 1864 berichtet die Pfarrchronik, dass „im Monat September mit hoher Statthaltereibewilligung  die Orgelreparatur vorgenommen wurde. Dieselbe erhielt überdies noch ein Pedal……Die Herstellung übernahm der Orgelbaumeister in Wien Landstrasse Josef Loypp.“ Weitere Umbauten veränderten in zunehmendem Maße die Orgel. Pfeifenwerk und Traktur wurden dem Zeitgeschmack angepasst und „modernisiert“. 1960 bzw. 1967 begannen Gregor Hradetky und Arnulf Klebel die Orgel nach damaligem Wissensstand zurückzurestaurieren.

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Eine grundlegende Restaurierung in den Jahren 2011/12 durch Orgelbaumeister  Josef Pemmer stellte den Originalzustand von 1816 wieder her. Das Pedalregister wurde aus dem Gehäuse entfernt und an der Emporenrückwand neu aufgestellt, zusätzlich wurde das Pedal  um ein 8´ und 4´ Register erweitert.

Somit konnte die originale Gehäuseform wiederhergestellt werden.

Die nicht mehr originalen Register (Mixtur und Quint 3) wurden rekonstruiert ebenso die Registrieranlage. Das Orgelgehäuse wurde tischlerisch saniert, die Farb- Fassung ergänzt und  gereinigt und fehlende Teile ersetzt.

Die heutige Dispostion:

Gedeckt 8´, Flöte 4´, Prinzipal 4´, Quint 3, Oktav´2´, Mixtur, Subbass 16´, Oktavbass 8´,  Choralbass 4´

Der Organist, Gottfried Zykan

Lageplan

Die Kirche befindet sich 10 Gehminuten entfernt von der Endstation der Straßenbahnlinie 41.

Stadtplan-Link

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